Arbeiten mit ARA

Der ARA-Betrieb von Melodyne in kompatiblen DAWs ist besonders komfortabel. Zu den Vorteilen gehört unter anderem, dass keine Transfers in das Melodyne-Plugin nötig sind, dass Melodyne allen Änderungen auf der DAW-Spur automatisch folgt, und dass die Tempoerkennung von Melodyne auch der DAW zugute kommt.

Die genauen Funktionen und Möglichkeiten unterscheiden sich etwas in Abhängigkeit davon, wie eine konkrete DAW ARA implementiert. Diese Tour bietet Ihnen allgemeine Erläuterungen zum ARA-Betrieb, sozusagen aus der Sicht von und bezogen auf Melodyne.

Der Spur-Modus

Im ARA-Betrieb stehen nach dem Einfügen des Melodyne-Plugins und dem Öffnen einer DAW-Spur zwei alternative Bearbeitungs-Modi für die Noten zur Verfügung, nämlich der Spur- und der Clip-Modus. Zwischen den beiden Modi kann mit den Tastern über dem Noteneditor umgeschaltet werden. Der linke Taster aktiviert den Spur-, der rechts daneben den Clip-Modus.

Im Spur-Modus sieht man auf den Inhalt der gesamten in Melodyne geöffneten Spur, egal aus wie vielen Clips sie in der DAW besteht:

Die Clip-Grenzen werden in Melodyne durch vertikale graue Linien angezeigt. Das Verschieben der Grenzen wird in der DAW ausgeführt – nicht in Melodyne – aber die Linien in der Melodyne-Bedienoberfläche verschieben sich dabei entsprechend mit. So sehen Sie schnell, ob ein Clip-Wechsel evtl. an einer unglücklicher Stelle erfolgt, zum Beispiel mitten in einer Note.

Der Clip-Modus

Das Gegenstück zum Spur-Modus ist der Clip-Modus. Er wird durch den zweiten Modus-Taster (mit dem einzelnen Blob) über dem Noteneditor ausgewählt.

Im Clip-Modus sieht man nur einen Clip der DAW-Spur zur Zeit. Spur- und Clip-Modus unterscheiden sich hinsichtlich der Noten-Darstellung an den Clip-Grenzen: Während im Spur-Modus nur Noten zu sehen und zu hören sind, die innerhalb der Grenzen liegen, die in der DAW für einen Clip eingestellt wurden, sieht man im Clip-Modus auch über diese Grenzen hinaus. Man sieht in Melodyne also – im grau unterlegten Bereich – was man hören würde, wenn der Clip in der DAW anders beschnitten wäre.

Ist im Optionen-Menü der Eintrag “Der Selektion in der DAW folgen” aktiviert, folgt die Anzeige in Melodyne der Clip-Selektion in der DAW.

Dass über die Grenzen eines Clips hinaus gearbeitet werden kann, bietet Ihnen beispielsweise beim Comping – dem Zusammensetzen einer (Gesangs-)Aufnahme aus den besten Teilen verschiedener Takes – große Vorteile. Problematisch beim Comping sind nämlich Noten, die an den Grenzen der zusammengefügten Clips abgeschnitten werden. Im Clip-Modus können Sie dies ganz einfach auf Notenebene reparieren, indem Sie aus dem Clip herausragende Noten etwa durch Verschieben oder Verkürzen perfekt in den Clip einpassen. Zudem stehen die Noten jenseits der Clip-Grenzen für das Kopieren in den Clip bereit, was beim Compen ebenfalls von großem Nutzen ist.

Wechseln vom Spur- zum Clip-Modus und zu anderen Clips

Während im Spur-Modus immer klar ist, was man betrachtet, nämlich die gesamte selektierte DAW-Spur, zeigt der Clip-Modus nur einen Clip einer Spur an und muss folglich wissen, welchen Clip Sie betrachten wollen. Wenn dies nicht eindeutig ist, bleibt der Schalter zum Wechseln in den Clip-Modus ausgegraut. In solchen Fällen müssen Sie zunächst im Spur-Modus eine Eindeutigkeit herstellen, damit der Clip-Modus aufgerufen werden kann:

  • Selektieren einer Note: dann ist klar, welcher Clip gemeint ist – nämlich der, aus dem die Note stammt.
  • Selektieren mehrerer Noten: führt nur dann zur Eindeutigkeit, wenn alle selektierten Noten aus demselben Clip stammen. Im Zweifel muss man eine Mehrfach-Selektion also auf eine einzige Note reduzieren.

Wenn keine Note selektiert ist, zieht Melodyne in Betracht, welche Clips in der DAW selektiert sind. Wenn dort eine eindeutige Selektion – eben genau eines Clips – vorliegt, wird dessen Noteninhalt im Clip-Modus geöffnet. Auch hier schaffen Sie im Zweifel immer Eindeutigkeit durch die Selektion einer passenden Note im Spur-Modus.

Tipp: Wenn Sie sich im Clip-Modus befinden und zu einem anderen Clip wechseln wollen, müssen Sie dazu nicht den Umweg über den Spur-Modus machen, um dort eine andere Note zu selektieren. Stattdessen reicht es, in der DAW einen anderen Clip anzuklicken – dann wird dessen Inhalt in Melodyne angezeigt. Dazu muss die Funktion “Der Selektion in der DAW folgen” im Optionen-Menü aktiviert sein, und auf der Spur des neu gewählten Clips muss sich Melodyne befinden.

Notenzuweisungsmodus aufrufen: Der Notenzuweisungsmodus kann vom Spur-Modus aus nur aufgerufen werden, wenn dort durch die Notenselektion eindeutig ist, welcher Clip betrachtet werden soll. Klicken Sie vorher erforderlichenfalls eine Note des Clips an, den Sie im Notenzuweisungsmodus bearbeiten wollen. Vom Clip-Modus aus kann der Notenzuweisungsmodus immer aufgerufen werden, denn dort ist bereits ein Clip ausgewählt und die nötige Eindeutigkeit damit gegeben.

Lokale Wiedergabe in Melodyne

Startet man die Wiedergabe über die DAW, also insbesondere über deren Taktlineal, Transporttasten etc., spielt sie das ganze Arrangement ab. Gemischt wird dann über den DAW-Mixer. Dies gilt auch, wenn die Wiedergabe per Doppelklick ins Melodyne-Lineal gestartet wird. Es ist aber auch möglich, Melodyne “alleine” laufen lassen, was wir als “lokale Wiedergabe” bezeichnen. Im ARA-Betrieb wird diese lokale Wiedergabe durch einen Doppelklick auf den Hintergrund des Noteneditors gestartet.

Was genau Sie bei der lokalen Wiedergabe hören, hängt vom gewählten Bearbeiten-Modus ab:

Lokale Wiedergabe im Spur-Modus: Sie hören alle Clips der bearbeiteten Spur, so wie die Clips in der DAW geschnitten und angeordnet sind.

Lokale Wiedergabe im Clip-Modus: Sie hören nur den einen, in Melodyne befindlichen Clip. Dabei gibt es hinsichtlich des Abspielens an den Clip-Grenzen einen wichtigen Unterschied zur DAW-Wiedergabe: Bei DAW-Wiedergabe hören Sie nur das, was innerhalb der in der DAW gewählten Clip-Grenzen liegt. So erkennen Sie zum Beispiel schnell, ob Noten durch unglücklich gewählte Clip-Grenzen an- oder abgeschnitten werden. Bei der lokalen Wiedergabe aber hören Sie auch über die Clip-Grenzen hinaus (also auch in den grau hinterlegten Bereichen).

Dadurch können Sie zum Beispiel schnell überprüfen, was auf der Spur noch käme, wenn Sie die Clip-Grenzen in der DAW verändern würden. Das kann auch praktisch sein, wenn Sie zum Beispiel den Rest der Spur – also den Teil, den Sie eigentlich durchs Eingrenzen des Clips gar nicht verwenden wollen – als “Noten-Vorrat” betrachten wollen, in den Sie mal schnell reinhören können, um von dort eine Note “zu klauen” und diese per Kopieren/Einsetzen in den eigentlichen Clip einzubauen.

Lokale und DAW-Wiedergabe unterscheiden sich auch hinsichtlich des Abspieltempos. Darauf gehen wir im folgenden Abschnitt ein.

Tempo und Tempoanpassung im ARA-Betrieb

Eine der Stärken der ARA-Integration liegt in der Tempoanpassung von Audiodateien an das bestehende Songtempo. Diese funktioniert technisch gesehen so: Melodyne “erkennt” für jede Audiodatei (und damit für jeden Clip im DAW-Arrangement), welches Tempo bei der ursprünglichen Aufnahme gespielt wurde. Das funktioniert insbesondere auch bei Takes, die ohne Klick und demzufolge mit Temposchwankungen aufgenommen wurden – gerade auch, wenn sie in einem ganz anderen Kontext als dem aktuellen DAW-Song aufgenommen wurden, zum Beispiel bei Stems aus einem anderen Song oder Loops aus einer Loop-Library. Diese “gefundene” Information gibt Melodyne an die DAW weiter und von dort kann sinngemäß der Befehl an Melodyne zurück gegeben werden: “Verbiege” mir das Abspieltempo der jeweiligen Audioaufnahme so, dass es genau zum Songtempo passt.

Diese über ARA geregelte Kommunikation zwischen DAW und Melodyne funktioniert nicht komplett automatisch, denn an einigen Stellen sollen Sie als User ein Wörtchen mitreden können. Zum Beispiel bei der Frage, ob die DAW dem Melodyne-Tempo “glauben” soll oder nicht. Es könnte ja sein, dass Sie sehr genau wissen, dass die Stems in einem ganz bestimmten, konstanten Tempo gespielt wurden – und dann wollen Sie gar nicht, dass Melodyne sich auf die Suche nach einen möglicherweise variablen Tempo macht. An welchen Stellen Sie wie in den Prozess eingreifen können, wird im Folgenden Schritt für Schritt beschrieben.

  • Die DAW-Spur muss zunächst in einen Zustand gebracht werden, dass die darauf befindlichen Clips ihr Tempo anpassen können. Dies geschieht in der DAW selbst, hier zu sehen am Beispiel von Studio One:

Falls sich das Datei-Tempo und das aktuelle Songtempo exakt entsprechen, ist im Melodyne-Tempofeld nur ein Wert ohne Klammern zu sehen. Anhand des Auftauchens zweier Werte erkennen Sie, dass Melodyne ein vom Song abweichendes Tempo für eine Datei gefunden hat. Der erste Wert entspricht dem Songtempo (in unserem Beispiel läuft der DAW-Song in 83 BPM). Der Wert in Klammer gibt an, welches Tempo Melodyne in der Audiodatei gefunden hat (in unserem Beispiel 117 BPM):

Im Spur-Modus wird ebenfalls das Songtempo ohne Klammer und das Tempo des gerade von der Positionslinie überstrichenen Clips in Klammern angezeigt. Im Notenzuweisungsmodus, in dem Sie ja das “rohe” Ausgangsmaterial betrachten, steht nur das Datei-Tempo, in unserem Beispiel also die “117”.

  • Jetzt liegt es an Ihnen, wie Sie die beiden abweichenden Tempi zusammenbringen wollen. Öffnen Sie dafür den Tempo-Dialog.

“Datei-Tempo bestätigen”: Hier bestätigen Sie gegenüber der DAW, diese möge das von Melodyne gefundene Tempo bitte glauben. Dadurch lösen Sie den Timestretching-Prozess in Melodyne aus, und die Audiodatei passt sich dem Songtempo an, wird in unserem Beispiel also von 117 auf 83 BPM verlangsamt. Typischer Anwendungsfall: Sie benutzen eine Audiodatei, deren Tempo Sie nicht kennen, von der Sie aber wollen, dass sie sich richtig in Ihren Song einpasst.
 
  “Datei-Tempo zuweisen”: Falls Sie glauben, Melodyne habe sich bei der Erkennung des Datei-Tempos vielleicht vertan, öffnen Sie hiermit den Tempo-Editor im Zuweisungs-Modus und können die Tempofindung manuell optimieren. Typischer Anwendungsfall: Es handelt sich bei Ihrer Datei um einen Gesangstake mit vielen Pausen, in denen Melodyne naturgemäß keine Anhaltspunkte zur Tempoerkennung findet und deshalb ein, zumindest in Teilen, falsches Tempo annimmt. Durch die Tempozuweisung können Sie das korrigieren und Melodyne sozusagen von Hand unterstützen, damit anschließend beim Timestretching auch von richtigen Werten ausgegangen wird und ein korrektes Resultat entsteht.  
 
"Projekttempo auf Datei(en) übertragen": Hier ist es Ihnen egal, was Melodyne zu finden meint; Sie wollen die Datei ganz einfach gar nicht timestretchen lassen. Also bestimmen Sie, dass das Datei-Tempo dem des Songs entspricht (denn wenn beide Tempi gleich sind, gibt es nichts zu strecken). Diese Option wählen Sie, wenn die Audiodatei im aktuellen DAW-Song aufgenommen oder gebounct wurde. Ein weiterer Anwendungsfall: Sie hatten die Datei bereits mit den Mitteln der DAW im Tempo angepasst, bevor Sie sich entschlossen haben, eine Passage davon in Melodyne zu öffnen. Und jetzt wollen Sie zwar in Melodyne noch Melodie oder Tonart ändern, aber deshalb soll Ihre zuvor hergestellte Tempoänderung nicht wieder kaputt gehen.
 
“Konstantes Tempo für Datei(en) angeben”: Mit diesem Befehl können Sie das Tempo der Dateien erforderlichenfalls manuell bestimmen. Wählen Sie dazu den Befehl aus dem Menü aus und tippen Sie dann das gewünschte Tempo in das Tempofeld. Ein Anwendungsfall könnte sein, dass Sie eine Aufnahme in Ihren Song importieren, deren Tempo Sie genau kennen. Nehmen wir zum Beispiel an, Ihr Song hat 83 BPM und Sie ergänzen einen Drumloop einer Sampling CD, der im Booklet als 90 BPM angegeben ist. In der Regel erkennt Melodyne diese 90 BPM gleich richtig und zeigt im Tempofeld “83 (90)” an. Dann würde es reichen, mit “Datei-Tempo bestätigen” das Timestretching auszulösen. Sollte Melodyne aber etwas anderes anzeigen, zum Beispiel falls es den Loop double-time interpretiert und also “83 (180)” anbietet, können Sie mit “Konstantes Tempo für Datei(en) angeben” manuell den richtigen Wert – im Beispiel also die “90” – eingeben.

Tempo und Zeitraster

Das Finden (oder auch das im Tempodialog explizit ausgeführte Herstellen) eines “richtigen” Datei-Tempos dient nicht nur der musikalisch sinnvollen Tempoanpassung. Es erleichtert Ihnen auch die eigentliche Arbeit an den Noten, denn das Datei-Tempo bestimmt auch, wie das Taktlineal sowie das Raster hinter den Noten gezeichnet wird.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Note um ein Sechzehntel verschieben. Dann meinen Sie ja in der Regel sicherlich ein Sechzehntel bezogen auf ihr Songtempo von, sagen wir mal, 100 BPM. Wenn nun aber das Zeitraster auf Basis eines ursprünglich aufgenommenen Tempos, nehmen wir mal an: 120 BPM, gezeichnet würde, dann wäre ein Verschieben um ein Sechzehntel in diesem zweiten Tempo ja ein ganz anderer und in der Regel falscher Versatz. (Denn es gilt: schnelleres Tempo = engere Raster-Abstände). Deshalb kümmern sich die DAW und Melodyne per ARA um einen sinnvollen Abgleich ihrer Lineale und Taktraster, so dass Sie immer ein “richtiges” Zeitraster sehen und alle Quantisierungsaktionen auch “richtig” sind. Im Folgenden eine Übersicht, die auch wieder die verschiedenen Bearbeitungs-Modi sowie lokale Wiedergabe vs. DAW-Wiedergabe berücksichtigt.

Tempodarstellung im Spur-Modus:

  • Im Melodyne-Tempo-Feld steht ein Wert, nämlich genau der des Songtempos in Ihrer DAW.
  • Das Melodyne-Lineal und das Zeitraster hinter den Noten sind miteinander verzahnt; sie haben die gleiche Einteilung, deren Breite das Songtempo reflektiert: schnellere Takte sind kürzer als langsamere.

Tempodarstellung im Clip-Modus:

  • Im Melodyne-Tempo-Feld stehen zwei Werte. Wie oben beschrieben: das Songtempo und in Klammern das Datei-Tempo. Nur für Clips, deren Datei-Tempo exakt dem Songtempo entspricht, reduziert sich das auf einen Wert.
  • Das Melodyne-Lineal und das Zeitraster hinter den Noten laufen eventuell auseinander, denn das Lineal symbolisiert nun das Songtempo und das Zeitraster symbolisiert das Datei-Tempo. Wenn die beiden Tempi nicht identisch sind, kommt es zu einem Versatz von Lineal zu Zeitraster.

Dies ist grundsätzlich richtig und verdeutlicht noch mal, was bei der DAW-Wiedergabe durch dynamisches Time-Stretching passiert: das Zeitraster und damit die Noten der Originalaufnahme werden so “verbogen”, dass sie dem Songtempo und damit dem Lineal entsprechen. Allerdings stimmen die Resultate musikalisch nur, wenn dem Zeitraster auch eine “richtige” Tempoerkennung oder -Eingabe zugrunde liegt. Deshalb können Sie im Clip-Modus das Zeitraster untersuchen und sicherstellen, dass es zu den Noten passt. Eine Anpassung nehmen Sie erforderlichenfalls mit den weiter oben beschriebenen Optionen des Tempo-Dialogs vor.

* Beim Abspielen per DAW-Wiedergabe hören Sie den Clip im Songtempo, also entsprechend des Tempowerts vor der Klammer. Die Original-Datei wird entsprechend gestreckt oder gestaucht, um zu diesem Tempo zu passen.


  • Beim Abspielen mit lokaler Wiedergabe hören Sie den Clip hingegen mit dessen ursprünglichem Datei-Tempo, also entsprechend des Werts in der Klammer und ohne Streckung oder Stauchung.

Tempodarstellung im Notenzuweisungsmodus:

  • Im Melodyne Tempo-Feld steht nur ein Wert: der des ursprünglichen Datei-Tempos.
  • Lineal und Zeitraster sind miteinander verzahnt.
  • Die DAW-Wiedergabe spielt im Songtempo ab. Die lokale Wiedergabe spielt im Datei-Tempo ab. Mit einer Besonderheit: Ein Doppelklick auf das Melodyne-Lineal startet in diesem Bearbeitungsmodus ebenfalls die lokale Wiedergabe und nicht wie im Spur- und Clip-Modus die DAW-Wiedergabe.

Noten quantisieren

Wie im Abschnitt “Tempo und Zeitraster ” oben beschrieben, können – nur im Clip-Modus – Lineal und Zeitraster auseinander laufen oder gegeneinander verschoben sein. Das ist zunächst eine optische Orientierungshilfe, an der Sie zum Beispiel erkennen können, dass Sie einen Clip in der DAW um eine Sechzehntelnote nach hinten geschoben haben – dann ist das Zeitraster gegenüber dem Lineal um eben diese Sechzehntelnote nach rechts gerückt.

Ein solcher Versatz hat jedoch auch Auswirkung auf die Quantisierung, denn Melodyne nutzt für die Quantisierung sein eigenes Zeitraster und nicht das DAW-Lineal. Wohlgemerkt: das ist in fast allen Fällen dasselbe und deshalb verhält sich die Quantisierung meistens so, wie Sie das zum Beispiel auch von einem MIDI-Editor kennen. Aber wenn, wie oben beschrieben, ein Clip im DAW-Arrangement verschoben wurde (und manchmal machen Sie so etwas vielleicht aus gestalterischen Gründen auch nur um wenige Millisekunden), dann erkennen Sie im Clip-Modus genau, wohin Noten beim Quantisieren rücken werden.

Die Quantisierung erfolgt also sowohl im Spur- als auch im Clip-Modus immer gleich, nämlich auf das Zeitraster der Original-Datei. Im Spur-Modus sehen Sie aber als Zeitraster das der DAW und deshalb kann es in den oben beschriebenen Ausnahmefällen – wenn Sie einen Clip in der DAW leicht verschoben haben – so aussehen, als rutschten die Noten beim Quantisieren neben das Zeitraster. Das ist aber nur eine optische Irritation: Wechseln Sie im Zweifel in den Clip-Modus, um sich das wahre Quantisierungsziel vor Augen zu führen.

Noten kopieren und einsetzen

Innerhalb eines Clips können Sie Noten ohne jede Einschränkung kopieren. Ob Sie auch von einem Clip in einen anderen kopieren können, hängt davon ab, ob die Clips auf ein und dieselbe Audiodatei zugreifen.

Beispiel: Sie zerschneiden eine längere Schlagzeugaufnahme in der DAW in einzelne Clips, sortieren diese im DAW-Arrangement um und betrachten sie in Melodyne im Spur-Modus. Dann können Sie Noten beliebig hin und her kopieren (denn es war ursprünglich eine lange Aufnahme) und müssen sich dabei nicht um Clip-Grenzen kümmern.

Wenn Sie aber aus mehreren getrennten Aufnahmen – zum Beispiel alternativen Gesangs-Takes – im DAW-Arrangement einen Ablauf “puzzeln” und diesen im Spur-Modus betrachten, können Sie Noten nicht beliebig an andere Stellen kopieren. Im folgenden Bild sind fünf Clips so eingefärbt, dass jeder Take eine andere Farbe hat:

Hier könnten Sie die selektierte Note zu Beginn von Takt 17 (also eine Note aus dem roten Clip) nicht nach Takt 16 kopieren, weil an dieser Zielstelle ein andersfarbiger, nämlich grüner Clip und damit also eine andere Originalaufnahme liegt. Sie könnten aber nach Takt 18 kopieren – weil dort derselbe, rote Take verwendet wird.

Der Vergleichen-Schalter

Beim Arbeiten in Melodyne werden Sie sicher immer wieder mal Ihren aktuellen Bearbeitungsstand mit dem ursprünglichen Zustand der Audiodateien vergleichen wollen. Ergänzend zu den “Bypass”-Optionen Ihrer DAW, die Melodyne kompett deaktivieren, bietet Ihnen Melodyne mit dem “Vergleichen”-Schalter neben der Aussteuerungsanzeige ebenfalls eine entsprechende Möglichkeit.

Anders als die Bypass-Funktion der DAW, setzt die Vergleichen-Funktion in Melodyne alle Bearbeitungen der Noten nicht nur akustisch, sondern auch optisch zurück. Außerdem gilt:

  • Der “Vergleichen”-Schalter wirkt immer auf alle mit Melodyne versehenen Clips, unabhängig davon, auf welchen Spuren sie sich befinden und ob sie gerade im Noteneditor sichtbar sind. Der ganze Song wird also in jenen Zustand versetzt, der geherrscht hatte, bevor Sie anfingen, Noten mit Melodyne zu verändern.
  • Es werden alle Änderungen zurückgenommen, die Sie mit den Werkzeugen oder Makros an den Noten vorgenommen haben.
  • Eine eventuelle Tempoanpassung der Clips an das Songtempo wird ebenfalls zurückgenommen.

Tipp: Arbeiten mit langen Dateien

Mit ARA analysiert Melodyne die einem Clip zugrundeliegende Audiodatei immer in voller Länge, unabhängig davon, ob Sie die Clip-Grenzen vor dem Einsatz von Melodyne verkleinert haben. Das hat mehrere Vorteile, z. B. können Sie Clip-Grenzen jederzeit erweitern, ohne dass Melodyne erneut zur Analyse aufgefordert wird.


Der erste Melodyne-Einsatz auf einem Clip kann daher jedoch mit einer gewissen Wartezeit verbunden sein, etwa wenn eine mehrstündige Live-Aufnahme mit dem polyphonen Algorithmus von Melodyne analysiert wird.


Wenn Sie nur einen bestimmten Teil einer solchen Aufnahme bearbeiten wollen, empfiehlt es sich, den betreffenden Bereich vor der Melodyne-Bearbeitung zunächst als neuen Clip zu konsolidieren. Dadurch erhält der Clip eine neue, kürzere Audiodatei, die von Melodyne entsprechend schnell analysiert werden kann.